Lebensgemeinschaft und das böse Erwachen
29. April 2020 | Dr. Helmut Venus
Lebensgemeinschaft und das böse Erwachen
Dr. Helmut Venus
29. April 2020
Es ist Teil der Entwicklung unserer Gesellschaft, dass eine große Zahl an Paaren jeglicher geschlechtlicher Ausrichtung gänzlich auf den „Trauschein“ verzichtet und nach dem Kennenlernen „einfach so“ zusammenlebt. Aus dem „einfach so“ wird dann allenfalls ein Dauerzustand. Wird dann nicht nur das Bett miteinander geteilt, sondern auch das Bankkonto im Zuge gemeinsamen Wirtschaftens und wohnt man regelmäßig zusammen, spricht man von einer Lebensgemeinschaft. Soweit so gut. Problematisch könnte die Sache dann werden, wenn die Lebensgefährten entweder gemeinsam namhafte Anschaffungen finanzieller Natur vornehmen, oder einer der Lebensgefährten Geldmittel (aber auch seine Arbeitskraft) etwa in das Haus des anderen steckt und dies womöglich noch mittels eines Kredites. In einer Ehe sind die Rechte und Pflichten gesetzlich genau festgelegt. Nicht so in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, in der es weder eine Treue- oder Beistandspflicht und auch keine solche zur anständigen Begegnung gibt. Im Gegensatz zur Ehe kann die Lebensgemeinschaft jederzeit und auch einseitig und zwar auch ohne Angabe von Gründen beendet werden.
Die von einem Lebensgefährten während der Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen und Aufwendungen sind in der Regel unentgeltlich und können daher grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Dies gilt insbesondere für laufende Aufwendungen von Lebensgefährten für die gemeinsame Wohnung oder für sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung von Sachen, die zum sofortigen Verbrauch bestimmt sind. Haben die Lebensgefährten dann auch noch in einem Haus oder in einer Wohnung gewohnt, die nur einem alleine eigentümlich ist, kann es besonders bitter werden. Ungeachtet der Dauer der Lebensgemeinschaft kann vom Eigentümer etwa die sofortige Räumung begehrt werden und der jahrzehntelange Lebensgefährte, der nicht Eigentümer ist, sitzt schlimmstenfalls buchstäblich von heute auf morgen auf der Straße. Wenn er dann Rat vom Rechtskundigen einholt und erfährt, dass sein jahrzehntelanges Putzen, Waschen, Kochen, Bügeln etc. nicht zu einer Abgeltung dieser Ansprüche führt, wenn dies nicht ursprünglich vereinbart war (wer hat das bislang schon gemacht?), jedoch die Mithaftung für den noch nicht gänzlich abbezahlten Kredit von der Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht berührt wird, ist der Frust und die Enttäuschung grenzenlos. Damit kein Missverständnis auftritt: Es soll hier ausdrücklich keine Wertung für oder gegen eine bestimmte Lebensform vorgenommen werden. Wohl aber soll dieser Artikel als kleiner Beitrag zur (rechtzeitigen) Sensibilisierung, vor allem des wirtschaftlich Schwächeren von zwei Lebensgefährten, dienen. So kann etwa durch (rechtzeitige) Beratung und die Aufwendung von ein wenig Gehirnschmalz oder gar durch Abschluss eines Partnerschaftsvertrages ein langwieriges, kostenintensives Verfahren vermieden werden, wenngleich der persönliche Schmerz bleibt. Eine (rechtzeitige) Rechtsberatung durch den Experten Ihres Vertrauens kann nur dringend angeraten werden.